ÜBERSETZUNGSPROBLEME

Wörter einer Sprache haben nur selten eine einzige Bedeutung.

Betrachten wir einmal z.B. das deutsche Wort "schwer", da gibt es einen schweren Stein, einen schweren Sturm, eine schwere Krankheit, ein schweres Leben, einen schweren Tag, eine schwere Stunde, eine schwere Mathematikaufgabe, einen schweren Wein, ein schweres Essen, einen schweren Fehler usw.

In einer Englisch-Übersetzung finden wir dafür ganz verschiedene Wörter:
a heavy stone, a heavy storm, a serious illness, a hard life, a hard day, a grave hour, a difficult math problem, a strong wine, a stodgy food, a bad error usw.

Und auch bei Übersetzung ins Esperanto zeigt sich dieser Effekt:
peza ŝtono, forta ŝtormo, serioza malsano, peniga vivo, prema tago, grava horo, malfacila matematikproblemo, forta vino, malfacile digestebla manĝaĵo, grava eraro, usw.

Beim Übersetzen kommt man also nie umhin, sich Gedanken über die genaue Bedeutung des Gesagten in der einen UND in der anderen Sprache zu machen, um das jeweils am besten treffende Wort auswählen zu können. Dabei ist diese Wahl oft nicht eindeutig, es kommt darauf an, welchen Aspekt man ausdrücken will: geht es um das tatsächliche oder übertragen empfundene Gewicht, so ist in Esperanto "peza" richtig. Hat man die eventuell "schwerwiegenden" Folgen im Auge, so nimmt man besser "grava" oder "serioza". Denkt man bei "schwer" eher an Mühsal, so wird "peniga" besser passen und "prema" ist das Wort der Wahl, wenn die Schwere als drückend empfunden wird, usw.

Außerdem müssen beim Übersetzen auch alle idiomatischen Verwendungen dieses Wortes, und zwar sowohl in der Quellsprache als auch in der Zielsprache, bedacht werden. Übersieht man da etwas in der Quellsprache, so hat man eventuell die gesamte Bedeutung des Satzes nicht richtig verstanden, und übersieht man da etwas in der Zielsprache, so kann dadurch ungewollt ein komischer Effekt, schlimmstenfalls sogar eine Beleidigung, daraus entstehen ...

Dieses Problem wird durch Esperanto weitgehend entschärft, denn in Esperanto ist "idiomatische Verwendung von Wörtern" nicht vorgesehen, dies muss demnach nur in der anderen Sprache berücksichtigt werden - und diese andere Sprache ist in der Regel die Muttersprache des Übersetzers! Bei Übersetzungen aus anderen Sprachen ins Deutsche und ganz besonders bei Übersetzungen aus dem Deutschen in andere Sprachen ist dagegen der Übersetzer oft kein deutscher Muttersprachler. Dies ist wohl einer der Gründe, weswegen Esperanto-Übersetzungen in vielen Fällen als vorbildlich und besonders originalgetreu gelten.

In Esperanto hat das Wort "peza", wie oben erwähnt, also immer die Bedeutung "schwer nach Gewicht", entweder im physischen oder in naheliegend übertragenem Sinn (Esperanto "pezakore" = schweren Herzens). Im Englischen ist das Wort "heavy" dagegen viel weniger eindeutig, da es auch in weitläufig übertragenem Sinn benutzt wird, wie z.B. in "a heavy book" (nicht nur ein schweres, sondern meistens ein schwerverständliches Buch) oder in "a heavy drinker" (einer, der viel und häufig Alkohol trinkt - unabhängig davon, ob er auch an Übergewicht leidet).

Übrigens ist der Wortschatz von Esperanto an vielen Stellen so konzipiert, dass Wörter mit typischen Doppelbedeutungen von vornherein verschiedene Wortstämme benutzen: z.B. unterscheidet man in Esperanto zwischen "trinki" (trinken) und "drinki" (Alkoholisches trinken). Oder: "la banko" (die Bank bzw. das Geldinstitut) und "la benko" (die Bank zum drauf Sitzen).